MEIN Heidelberg

„UREICH schmeckt nach einem Sieg weltmeisterlich.“

Alexander Stadler, frisch gebackener Hockey-Weltmeister, über den sensationellen sportlichen Erfolg mit der Nationalmannschaft, seine tiefe Verwurzelung in der Region und seine Vorfreude auf die Olympischen Sommerspiele in Paris.

EICHBAUM aktuell:  Auch wenn es ein paar Wochen her ist: Zunächst ganz herzliche Glückwünsche zum WM-Titel und vielen Dank für unglaubliche Gänsehautmomente! Was war aus Ihrer Sicht ausschlaggebend für den größten Erfolg der deutschen Hockeymänner bei einer WM seit 17 Jahren?

Alex Stadler: Der Teamspirit war sicherlich überragend, aber das sagt sich immer so leicht und man sollte sich genau anschauen, was konkret dahintersteckt. Ein wichtiger Faktor war der Mannschaftsrat mit super Führungspersönlichkeiten bei gleichzeitig sehr flachen Hierarchien. So konnte jeder seine Gedanken und Ideen einbringen, ohne Angst haben zu müssen. Durch diese Augenhöhe ist eine Menge Vertrauen untereinander gewachsen – und wenn es mal nötig war, haben unsere Führungsspieler in den richtigen Momenten auch mal die Klappe aufgemacht. Ein zweiter Erfolgsfaktor lag sicherlich in der Unberechenbarkeit unseres Teams. Wir sind eine sehr vielfältig zusammengesetzte Mannschaft mit den unterschiedlichsten Spielertypen und konnten dadurch aus einem großen Repertoire an Möglichkeiten schöpfen. So hatten wir in jeder Situation eine Antwort parat – eine absolute Stärke.

EICHBAUM aktuell: Sie sprachen es an. Auch wir fanden das uneitle Miteinander beeindruckend: Sie wurden beispielsweise im Tor vor dem Penaltyschießen durch Jean-Paul Danneberg ausgewechselt. Will man es nicht unbedingt bis zum Ende spielen?

Alex Stadler: Klar ist: Als Spieler willst du spielen! Aber im Sinne der Mannschaft ist es auch vollkommen in Ordnung, wenn einer reinkommt, der für uns als Team in diesem Moment die beste Lösung darstellt. Jean ist größer und sehr agil auf den Beinen, außerdem hatte er als sehr junger Spieler den Vorteil, dass er für die meisten gegnerischen Schützen noch weitestgehend unbekannt und damit schwer kalkulierbar war. Es kann auch vorteilhaft sein, wenn du mental ganz frisch in ein solches Penaltyschießen gehst und nicht durch die Geschehnisse der regulären Spielzeit vorbelastet bist. Vielleicht hängt dir ein Gegentor noch nach oder Ähnliches. Wichtig ist nur, dass vorher Klarheit herrscht und solche Entscheidungen bewusst getroffen und kommuniziert werden. So konnte sich Jean auch durch intensives Videostudium auf die potenziellen Gegner vorbereiten und sich rechtzeitig mental in den richtigen Flow bringen.

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EICHBAUM aktuell: Die deutsche Mannschaft lag in 3 K.-o.- Spielen jeweils mit 0:2 hinten und hat die Partien allesamt gedreht. Diese Bierruhe muss man erst mal haben. Gab es nie Zweifel!? 

Alex Stadler: Wer sagt, dass es nie Zweifel gab, der lügt. Gerade in der ersten Partie gegen England waren wir nicht gut im Spiel. Die Engländer haben stark verteidigt und wir sind offensiv kaum durchgekommen. Dann kam auch noch ein verschossener Siebenmeter dazu. In solchen Momenten denkt man zwangsläufig, dass es auch schiefgehen könnte. Aber hier kam unsere Erfahrung ins Spiel: Wir sind einfach ruhig geblieben und haben es weiter versucht. Und wie meistens: Ein Tor verändert alles und der Knoten platzt! In den Partien gegen Australien und Belgien war der Glaube ans Comeback dann deutlich größer. Zum einen, weil wir die Erfahrung aus dem Englandspiel im Kopf hatten. Zum anderen, weil wir generell viel besser in den Partien waren und unsere Chancen hatten. Gegen Australien hat Mathias Müller in der Halbzeitpause gesagt: „Männer, einfach so weiterspielen, wir holen uns das Ding!“ Und genauso ist es gekommen.

EICHBAUM aktuell: Dass Sie überhaupt deutscher Nationalspieler sind, das hat viel mit unserer Region zu tun. Sie sind in Heidelberg geboren, haben als 5-jähriger beim dortigen Hockey- Club angefangen und sind später zum TSV nach Mannheim gewechselt. Wann ist Ihnen die Idee gekommen, dass Hockey eines Tages Ihr Beruf sein könnte?

Alex Stadler: Das hat sich so entwickelt. Mein Bruder und ich haben als Kinder parallel Hockey und Tennis gespielt. Nach drei oder vier Jahren war klar, dass wir im Hockey stärker sind und auch mehr Spaß haben, also haben wir uns fortan darauf konzentriert. Mit 12 Jahren bin ich schließlich von Heidelberg nach Mannheim zum TSV gewechselt, wo das Ganze noch professionellere Strukturen annahm: Perfekte Trainingsmöglichkeiten und der Wechsel auf die Sportschule haben mich deutlich vorangebracht, sodass der Wunsch immer klarer wurde, den Sprung in die U-16-Nationalmannschaft zu schaffen. In dieser Zeit waren meine Eltern und Großeltern als Fahrer sehr gefragt, da wir ja irgendwie von unserem Wohnort Leimen nach Mannheim und wieder zurückkommen mussten. Als mein Bruder seinen Führerschein hatte, sind wir schließlich zusammen zum Training der Herrenmannschaft gependelt.

EICHBAUM aktuell: Apropos Vergangenheit und Jugendzeit: Können Sie sich noch erinnern, wann die Marke Eichbaum das erste Mal eine Rolle in Ihrem Leben spielte?

Alex Stadler: Da ich in meiner Jugend aufgrund des Sports mehr Zeit in Mannheim als in Heidelberg verbracht habe, gehörte Eichbaum natürlich dazu. Nach dem Training kann etwas Isotonisches nicht schaden. Zudem sind wir an den Wochenenden gerne durch die Quadrate gezogen und haben uns das eine oder andere Bierchen gegönnt. Und unser TSVTeam war natürlich auch Stammgast auf dem Braufest in der Käfertaler Straße.

EICHBAUM aktuell: Wie ist das heute als Profi? Darf man da auch mal ein Bier trinken oder ist Alkohol während der Saison tabu? Und haben Sie eine Lieblingssorte? 

Alex Stadler: Ein klares Ja. Im Mannschaftssport ist das generell nicht unüblich – und gerade im Hockey sind viele Spieler keine Profis, sondern haben Amateur-Status. Wenn man an einem Bundesligawochenende von Berlin zurück in die Kurpfalz gefahren ist, hat man natürlich mit einem UREICH angestoßen. Das schmeckt nach einem Sieg einfach weltmeisterlich – und damit ist auch gleichzeitig die Frage nach meiner Lieblingssorte beantwortet.

EICHBAUM aktuell: Trotz Ihrer Liebe zur Kurpfalz spielen Sie mittlerweile in den Niederlanden, beim HC Den Bosch. Wieso haben Sie sich für diesen Schritt entschieden?

Alex Stadler: Weil ich mich weiterentwickeln wollte: sportlich und als Mensch. Man muss einfach mal raus aus seiner Komfortzone, um den nächsten Schritt zu gehen. Neue Mitspieler, eine neue Kultur, eine neue Umgebung: Ich bin sehr dankbar für die tolle Zeit in meiner Heimat, doch neue Reize sind immens wichtig. Und sportlich sind die Niederlande nochmals auf einem anderen Level. Während in Deutschland etwa 80.000 Menschen aktiv Hockey spielen, sind es dort mehr als 200.000. Das Grundniveau ist dadurch noch mal um einiges höher und in der Liga gibt es viele spannende Duelle.

EICHBAUM aktuell: Wird Heimat umso wichtiger, je weiter man weg ist?

Alex Stadler: Absolut. Ich genieße es wirklich sehr, wenn ich ab und zuhause bin und meine Familie und Freunde sehen kann.

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EICHBAUM aktuell: Haben Sie Lieblingsorte, -läden, -bars oder -restaurants, die Sie gerne besuchen, wenn Sie hier sind?

Alex Stadler: In Heidelberg bin ich gerne in der Altstadt, die ist einfach immer wieder wunderschön mit ihren typischen Gassen, charmanten Plätzen und dem nahen Neckarufer. Meine Lieblingskneipe befindet sich dort in der Unteren Straße. Und in Mannheim trifft man mich in den Cafés rund um den Wasserturm.

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EICHBAUM aktuell: Wenn Sie Ihren Hockeykollegen aus aller Herren Länder erzählen, woher Sie kommen: Wie beschreiben Sie Land und Leute?

Alex Stadler: Ich beschreibe die Menschen als offen und zugänglich und versuche eine Lanze für Mannheim zu brechen. Die Stadt ist in meinen Augen unterschätzt und wird oftmals auf das Thema Industrie reduziert. Dabei hat Mannheim viel mehr zu bieten – und mit der wundervollen Stadt Heidelberg und der angrenzenden Pfalz gleichzeitig eine hochattraktive Nachbarschaft. 

EICHBAUM aktuell: Mit gerade mal 23 Jahren liegt ein gutes Stück Ihrer Sportlerkarriere noch vor Ihnen. Trotzdem bereiten Sie bereits Ihre spätere berufliche Zukunft vor und studieren Fitnessökonomie – haben Sie schon konkrete Pläne für die Zeit nach dem Hockey?

Alex Stadler: Noch nichts ganz Konkretes. Sicherlich wäre es schön, dem Sport-Business dauerhaft erhalten zu bleiben. Doch noch bin ich jung genug, um einige Jahre als Profitorwart aktiv zu sein. Mein Studium schließe ich aller Wahrscheinlichkeit nach in 2024 ab, wenn ich noch voll im Saft stehe, falls ich verletzungsfrei bleibe. Ich lasse das jetzt erst mal alles auf mich zukommen.

EICHBAUM aktuell: Zum Schluss noch die Frage nach Ihren Zielen auf dem Hockeyfeld: Vermutlich steht eine olympische Medaille ganz oben auf der Liste? 2021 sind Sie mit dem undankbaren 4. Platz ja schon mal haarscharf daran vorbeigeschrammt.

Alex Stadler: Klar, der Traum von der olympischen Medaille lebt. Und gerade auf Paris freue ich mich riesig: endlich ein Olympiaturnier mit Zuschauern, im Herzen Europas, mit tollen Spielstätten in einer fantastischen Stadt und mit einer Eröffnungsfeier auf der Seine – und wenn man dann bedenkt, dass meine Familie mit dem TGV in etwa drei Stunden vor Ort sein kann, dann gibt es wohl kaum etwas Schöneres! Aber auch eine erfolgreiche Heim-EM in diesem Sommer in Gladbach ist ein großes Ziel. Mit der Euphorie des WM-Titels und der Nähe zu Belgien und Holland wird da ordentlich was los sein. Das wird ein geiles Event!

EICHBAUM aktuell: Wir bedanken uns für das Gespräch

 

(Interview aus dem Jahr 2023)

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