BRAULEXIKON TEIL 17„STAMMWÜRZE“

In der Würze liegt so vieles

Bierspezialitäten bewusst zu genießen ist eine Kunst. Wer sie beherrscht, der will meist auch mehr über die Kunst des Brauens wissen. In deren offene und gut gehütete Geheimnisse weiht Sie diese Serie in Eichbaum aktuell ein: In Teil 17 geht es um die Stammwürze.

Für den Brauer ist die Stammwürze aus mehreren Gründen von besonderer Wichtigkeit: Sie hat Einfluss auf den Geschmack des Bieres, den Alkoholgehalt, den Kohlensäuregehalt, den Nährwert – und nicht zuletzt auf die abzuführende Biersteuer. Die meisten Verbraucher dagegen kennen zwar den Begriff, wissen jedoch oftmals nicht, was dahintersteckt. In der „Verordnung zur Durchführung des Vorläufigen Biergesetzes“ ist es so beschrieben: „Der Stammwürzegehalt des Bieres ist der Gehalt der ungegorenen Anstellwürze, aus der das Bier hergestellt ist oder nach seiner Beschaffenheit hätte hergestellt sein können, an löslichen Stoffen in Gewichtshundertteilen. Er wird aus dem Restextraktgehalt und dem Alkoholgehalt des Bieres errechnet. Nachträgliche Verminderungen des Alkoholgehalts werden dabei nicht berücksichtigt.“

Oder einfacher gesagt: Die Stammwürze gibt an, wieviele der festen Bestandteile aus Malz und Hopfen in die Würze übergegangen sind vor dem Einsetzen des Gärungsprozesses. Der Hauptanteil kommt aus dem Malzkorn beim Maischen. Gelöste Bestandteile sind vor allem Malzzucker, aber auch Eiweiß, Mineralstoffe, Aromastoffe und Vitamine. Die Summe der gelösten Stoffe wird in der Brauersprache auch als Extrakt bezeichnet. Die Bedeutung der Stammwürze für die Bierbrauerei kann so mit der Bedeutung von Most für die Weinherstellung verglichen werden. Bei der Weinherstellung wird Most zu Wein und bei der Bierherstellung wird Würze durch Gärung zu Bier. Der Gehalt der Stammwürze gibt dem Bierliebhaber aber nicht nur eine Orientierung hinsichtlich der im Gerstensaft enthaltenen Nährstoffdichte, er ist gleichzeitig ein entscheidender Faktor für den Alkoholgehalt. Die gelösten Bestandteile der Würze sind nämlich gleichzeitig Nährstoffe für die Hefe bei der Gärung. Daher gilt als Faustformel: je höher die Stammwürze, desto höher der Alkoholgehalt! Gemessen wird die Stammwürze heute in hochmodernen Brauereien mit elektronischen, automatischen Analysengeräten. Am geläufigsten ist hier die Biegeschwinger- Methode. Klassischerweise, und auch heute noch bei kleinen Brauereien und Hobbybrauern im Einsatz, wird die Stammwürze mit Hilfe der Bierspindel bestimmt. Dabei handelt es sich um ein Messgerät (Schwimmkörper), welches die Dichte bzw. das Spezifische Gewicht von Flüssigkeiten misst.


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Bei dieser Methode wird die Spindel in die Würze gegeben, um den Gehalt der Stammwürze abzulesen. Je größer die Dichte der Flüssigkeit (also um so höher die Stammwürze), um so größer der Auftrieb und um so weniger weit taucht die Spindel in die Flüssigkeit ein. Die Stammwürze kann man dann direkt und einfach auf einer kalibrierten Skala an der Spindel ablesen. Der Stammwürzegehalt wird international in Grad Plato (°P) (benannt nach dem deutschen Chemiker Fritz Plato) gemessen. In Deutschland benutzt man die Maßeinheit % Stammwürze. Beide Maßeinheiten sind identisch. Man unterscheidet – je nach Messergebnis – in „Bier mit niedrigem Stammwürzegehalt“ (weniger als 7 °P), „Schankbier“ (7 bis unter 11 °P), „Vollbier“ (11 bis 16 °P) und „Starkbier“ (mehr als 16 °P). Grundsätzlich gilt: je höher der Gehalt der Stammwürze ist, desto intensiver und vollmundiger ist auch der Geschmack des Bieres. Dieser Vergleich lässt sich aber nur auf der Ebene der einzelnen Biersorten vollziehen, denn Pils und Bockbier lassen sich genauso wenig vergleichen wie Äpfel und Birnen. Und was hat das alles mit der Biersteuer zu tun? Ganz einfach: die errechnet sich nicht aus dem Alkoholgehalt des Bieres, sondern nach der Konzentration der Stammwürze: 0,787 € pro Hektoliter und °P!

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