BRAULEXIKON TEIL 19- „KOHLENDIOXID“

Gas gehabt: wie Kohlendioxid Aroma und Frische beeinflusst

Bierspezialitäten bewusst zu genießen ist eine Kunst. Wer sie beherrscht, der will meist auch mehr über die Kunst des Brauens wissen. In deren offene und gut gehütete Geheimnisse weiht Sie diese Serie in EICHBAUM aktuell ein: In Teil 19 widmen wir uns dem Kohlendioxid.

Es entsteht während der Gärung durch die Hefe und in ihm steckt der Geschmack des Bieres: das Kohlendioxid. Vielen ist dies vordergründig nicht bewusst, aber der Hintergrund ist ziemlich logisch. Während der Gärung entsteht nicht nur Alkohol, sondern eben auch Kohlendioxid. Dieses Gas löst sich im Bier und bildet mit dem Wasser darin Kohlensäure. Diese schwache Säure ist jedoch extrem instabil und zerfällt sehr leicht. Und zwar in Wasser und Kohlendioxid. Wenn das im Bier passiert, entsteht der Schaum auf dem Bier und es prickelt auf der Zunge. Und ganz wichtig: In den aufsteigenden Bläschen ist das Aroma enthalten! Wer den vollen Geschmack haben möchte, darf das Bier also weder warm werden noch zu lange stehen lassen. 

Und auch die verwendeten Gläser spielen eine entscheidende Rolle. Aus großen Maß- oder Bierkrügen entweicht das Kohlendioxid naturgemäß deutlich schneller als aus schlanken, sich nach oben verjüngenden Gläsern wie den klassischen Pilstulpen. Außerdem funktioniert die Entfaltung des Aromas besser, wenn die Trinköffnung kleiner ist und das Bier konzentrierter auf die Geschmacksnerven im Gaumen treffen kann. Auch das schräge Einschenken verlängert den Genuss, da das Bier dadurch weniger in Wallung gerät und mehr gelöstes Kohlendioxid erhalten bleibt, was wiederum zu mehr Perlen und damit zu einem größeren Geschmackserlebnis führt.

 

Französische Wissenschaftler haben diese Perlen übrigens genau unter die Lupe genommen. Mit Zeitlupenaufnahmen und speziellen Hochgeschwindigkeitskameras fanden sie heraus, dass bei einem 6 Grad gekühlten Lagerbier aus einer 0,25- Liter-Flasche bis zu 2 Millionen Bläschen entstehen können – eine unglaubliche Zahl! Doch nicht nur geschmacklich spielt das Kohlendioxid eine wichtige Rolle – es gibt dem Bier auch den so beliebten Frischekick. Wissenschaftler der University of California konnten belegen, dass die Andockstellen auf der Zunge, die unserem Gehirn das Signal „sauer“ liefern, ebenfalls auf Kohlendioxid ansprechen. Das Gas wird so vom Körper als besonders prickelnd wahrgenommen, sodass sich ein Gefühl der Frische einstellt. 

Was die Hefezellen während der Gärung des Bieres produzieren, hat also nachhaltigen Einfluss auf den späteren Genuss eines frischen Eichbaums!

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