MEINE KURPFALZ

„Heimat ist ein warmes Gefühl.“

Malaika Mihambo, amtierende Weitsprungeuropameisterin und waschechte Kurpfälzerin, über ihren Umgang mit der Favoritenrolle bei der kommenden Leichtathletik-WM in Doha, ihr klares Bekenntnis zu ihrem Heimatverein TSV Oftersheim und die Freude einer Weltenbummlerin auf das Nachhausekommen.

EICHBAUM aktuell: Malaika, spätestens seit Ihrem Sprung auf 7,16 Meter Anfang August bei den deutschen Meisterschaften in Berlin gehören Sie zu den Topfavoritinnen bei der WM in Doha. Sehen Sie das als psychische Bürde oder als zusätzliche Motivation?

Malaika Mihambo: Ich empfinde das vor allem als eine große Ehre. Als Sportlerin stehe ich gerne im Mittelpunkt, weil es letztlich meine Leistungen sind, die dadurch honoriert werden. Als ich im März bei der Hallen-EM in Glasgow mit der blauen Startnummer der Jahresbesten antreten durfte, habe ich das sehr genossen.

EICHBAUM aktuell: Ihr bislang größter sportlicher Erfolg war der Sieg bei der Europameisterschaft in Berlin im Sommer 2018. Haben Sie damals eigentlich sofort verstanden, was Ihnen da gerade gelungen ist?

Malaika Mihambo: Unmittelbar nach der Entscheidung noch nicht. Dazu war ich mental noch zu sehr im Wettkampfmodus. Wirklich realisiert habe ich es erst auf der Ehrenrunde. Wenn einem 65.000 Menschen im Stadion zujubeln, das ist schon ein äußerst bewegender Moment.

„Ich habe auf der Reise viel über mich gelernt.“ 

EICHBAUM aktuell: Würden Sie sich denn für Ihre Sportart generell mehr Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit wünschen?

Malaika Mihambo: Ja, der Fokus der Medien liegt meines Erachtens zu stark auf Fußball. Da werden selbst drittklassige Spiele gezeigt und für andere Sportarten wie Leichtathletik oder Schwimmen bleibt dann oft kaum noch Sendezeit übrig, selbst wenn es sich um Veranstaltungen auf Weltklasseniveau handelt. Das finde ich schade. 

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EICHBAUM aktuell: Kurz nach Ihrem Triumph in Berlin sind Sie im Herbst 2018 mehr als drei Wochen lang ganz allein nur mit einem Rucksack durch Indien gereist. Wollten Sie dem Rummel um Ihre Person einfach mal entfliehen – oder ist der Plan dazu schon länger in Ihnen gereift?

Malaika Mihambo: Die Planung stand schon länger fest, das hatte mit dem Titelgewinn nichts zu tun. Vor allem ging es mir darum, neue Erfahrungen zu machen. Und im Nachhinein kann ich sagen: Ich habe auf der Reise sehr viel über mich gelernt – z. B., dass ich mich zu 100 Prozent auf mich verlassen und, wenn es sein muss, auch mal über mich hinauswachsen kann.

EICHBAUM aktuell: Ihre persönlichen Interessen gehen weit über den Sport hinaus. Sie haben 2016 Ihren Bachelor in Politikwissenschaften gemacht, studieren momentan Umweltwissenschaft im Master, Sie engagieren sich für den gemeinnützigen Mannheimer Verein „Starkmacher“, spielen hervorragend Klavier und arbeiten zwischendurch auch mal als Model. Brauchen Sie die Abwechslung, um sich im entscheidenden Moment zu fokussieren?

Malaika Mihambo: Jein. Ich würde eher sagen, dass ich einen geistigen Ausgleich brauche. Beim Sport sind zwar ab einem gewissen Niveau auch mentale Fähigkeiten gefragt, aber im Grunde handelt es sich eher um eine körperliche Tätigkeit. Es ist für mich völlig in Ordnung, mich vor Großereignissen wie den Olympischen Spielen in Rio mal ein halbes Jahr voll auf den Sport zu konzentrieren, aber irgendwann merke ich dann ziemlich deutlich, dass mir der geistige Ansporn fehlt. 

„Die Luft riecht hier anders als überall sonst auf der Welt.“ 

EICHBAUM aktuell: Anders als viele deutsche Weltklasseathleten bereiten Sie sich nicht in einem speziellen Leistungszentrum, sondern nach wie vor mit Ihrem langjährigen Trainer Ralf Weber in Ihrem Heimatverein TSV Oftersheim auf die Wettkämpfe vor. Ist Ihnen die vertraute Umgebung wichtiger als eine perfekte Infrastruktur?

Malaika Mihambo: Für mich steht dabei die Zusammenarbeit mit meinem Trainer im Vordergrund. Ralf kennt mich einfach so gut wie kein anderer und hat wesentlichen Anteil an unseren Erfolgen. Außerdem macht das Training mit ihm großen Spaß. Wir gestalten unser Programm sehr individuell, was in einem großen Leistungszentrum vielleicht nicht so ohne Weiteres möglich wäre. Dass all das in heimischer Umgebung stattfindet, weiß ich natürlich auch sehr zu schätzen, da ich schon sehr tief in der Region verwurzelt bin.

EICHBAUM aktuell: Würden Sie sich selbst grundsätzlich als bodenständigen Menschen bezeichnen? Malaika Mihambo: } Ja, auf jeden Fall. Wobei Bodenständigkeit nach meiner Definition heißt: bescheiden sein, auf dem Teppich bleiben, sich selbst die Treue halten. EICHBAUM aktuell: } Und was bedeutet Heimat für Sie?

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Bildrechte: ©INTER Versicherungsgruppe – Fotograf: Fabian Hensel

Malaika Mihambo: Das ist eine schwere Frage. Ich glaube, Heimat ist für mich einfach ein warmes Gefühl, das aus der Vertrautheit zu einer Region und den Menschen dort entsteht. Ein Gefühl der Sicherheit, das einem sagt, dass man angekommen ist.

EICHBAUM aktuell: Wenn Sie nach einem Wettkampf von der anderen Seite der Welt zurück in die Kurpfalz kommen: Worauf freuen Sie sich am meisten?

Malaika Mihambo: Oh, da gibt es einiges. Schon allein auf die Luft, die hier anders riecht als überall sonst. Auf meine Familie, die mich so sein lässt, wie ich bin. Auf die Menschen, die die Kurpfalz erst zu dem machen, was sie ist. Auf die Wälder, in denen ich gern spazieren gehe. Einfach auf den Ort, der für mich Rückzugsort ist.

EICHBAUM aktuell: Wo genau und bei welchen Freizeitaktivitäten sind Sie denn am häufigsten anzutreffen, wenn Sie in der Kurpfalz sind?

Malaika Mihambo: Ein Highlight ist für mich immer mein wöchentlicher Klavierunterricht. Aber ich genieße es natürlich auch, mich in eins der vielen schönen Restaurants hier in der Gegend zu setzen und mich bekochen zu lassen – indisch, mexikanisch oder vegetarisch, ich bin da für fast alles offen.

EICHBAUM aktuell: Wobei der Ernährungsplan einer Weltklasseleichtathletin vermutlich nicht viel Spielraum für die deftigen Leckerbissen aus der Kurpfälzer Küche lässt?

Malaika Mihambo: Da ich von Natur aus eher zu leicht bin, hab ich so gut wie keine Probleme, mein optimales Fluggewicht zu halten. Das ist auch ein großes Glück für mich, denn für Kuchen und Torten bin ich eigentlich immer zu haben.

EICHBAUM aktuell: Malaika, wir bedanken uns für das Gespräch.

 

(Interview aus dem Jahr 2019)